predator mindset – wie Mut (nicht nur) im Improtheater entsteht

Es gibt im Improvisationstheater ein Spiel, das wir oft als warm-up nutzen und manchmal zu Beginn von Shows spielen. Es heißt freeze tag: Zwei Spielende starten eine kurze Szene. Sobald klar ist, worum es in der Szene geht, klatscht eine/r der nicht beteiligten Spielenden in die Hände. Die Darstellenden stoppen sofort und frieren in ihrer aktuellen Körperhaltung ein (engl. „freeze“). Wer geklatscht hat, tippt eine/n der beiden Spielenden an und übernimmt exakt deren Haltung. Es beginnt eine komplett neue Szene. Die Körperhaltung beider Spielenden liefert ihnen Inspirationen für die neue Story.

Predator Mindset
Predator Mindset – wie Mut entsteht….

freeze tag – wie aus Spielfreude manchmal Mutlosigkeit wird

Wenn ich dieses Spiel in einem Workshop mit Menschen ohne Erfahrungen mit Impro durchführe, mache ich immer die gleiche Beobachtung: der Kreis um die Spielenden wird größer und immer mehr Teilnehmende verschränken die Arme. Sie verpassen die guten Momente, um eine neue Szene zu starten. Die Angst steht ihnen ins Gesicht geschrieben: „Jetzt bloß nicht da reingehen.“. Darin kommt der Wunsch zum Ausdruck, in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen zu werden. Und eben auch die Angst, Fehler zu machen und sich dadurch lächerlich zu machen. Wo eben noch Spielfreude war, ist nur noch Zurückhaltung und Mutlosigkeit.

Dennoch nutze ich freeze tag sehr häufig, weil diese Beobachtung für mich als Workshopleiter wertvoll ist. Ich teile mit, was ich sehe. Und kann eine wichtige Lernerfahrung vermitteln. Improspielende kennen diese Angst auch: „Gleich muss ich auf die Bühne. Hoffentlich fällt mir etwas Gutes ein. Ich warte lieber noch etwas.“ Aber sie haben ein Mittel dagegen. Es heißt predator mindset.

Mit einem predator mindset Mut und Entschlossenheit entwickeln

Predator ist das englische Wort für Raubtier. predator mindset bezeichnet den Bewusstseinszustand des auf seine Beute wartenden Raubtiers. In meinen Workshops beschreibe ich es so: „Stellt euch ein Krokodil vor, das im Wasser liegt. Für das Krokodil gibt es nur zwei Zustände: „noch nicht“ und „jetzt“. Entweder ist es „noch nicht“ Zeit für einen Angriff. Oder er wird genau „jetzt“ gestartet. Könnt ihr euch folgenden inneren Dialog bei einem Krokodil vorstellen: „Manno, ganz schön heiß heute. Bin ich müde. Ich würde viel lieber ins tiefe Wasser tauchen. Und jetzt tut auch noch mein Rücken weh. Das macht mich total langsam. Das wird heute bestimmt nichts mehr.“?“

Was sich ein Krokodil nicht leisten kann, tun Menschen leider viel zu oft. Unsere Fähigkeit nachzudenken, zu analysieren und zu bewerten, hindert uns mitunter am spontanen Agieren. Besonders dann, wenn wir Angst haben. Entweder handeln wir dann vorschnell („Ich will es schnell hinter mich bringen.“) oder verzögert oder gar nicht. Ein predator mindset ist hilfreich, weil wir den Fokus von uns und unseren einschränkenden Gedanken weg nach außen richten – auf das Geschehen auf der (Lebens)Bühne. Weil wir uns in einen Zustand gespannter Erwartung versetzen. Und weil wir uns so in die Lage versetzen, kleine Handlungsimpulse jederzeit für spontane Aktionen zu nutzen.

Wie gelangen wir zum predator mindset?

Zum predator mindest gehört fokussierte Aufmerksamkeit. Wir konzentrieren uns auf unsere Aufgabe, auf das, was vor uns geschieht, und was die Aufgabe verlangt. Das verlangt einerseits eine innere Haltung des ICH WILL und des JETZT. Andererseits auch eine körperliche, also von außen beeinflussbare, Disposition. Dazu können wir beitragen, indem wir uns leicht vorbeugen, unseren Körper spannen, die Augen etwas weiter öffnen und uns selbst dadurch Neugier und Erwartung signalisieren. So entstehen Konzentration und Präsenz, wie bei einem Sprinter, der sich im Startblock nach vorne beugt und auf den Startschuss wartet. Dadurch wird es ihm beinahe unmöglich, nicht schnell zu starten.

Wenn wir unseren Predator mindest stärken, werden wir die richtigen Momente und unsere eigenen Handlungsimpulse wahrnehmen. Wir werden spontan und kraftvoll entscheiden und reagieren. Und wir werden konsequent zu unseren Entscheidungen stehen. Auf der Bühne! In Diskussionen! Bei Entscheidungen! In unserem Leben!

predator mindset erleben und lernen

Eine weitere Beobachtung, die ich in meinen Workshops mache: immer, wenn ich von jenem Krokodil erzähle, ändern zumindest einige Teilnehmende danach sichtbar ihre Körperhaltung, schließen den Kreis um die Spielenden enger, wagen sich irgendwann auch auf die Bühne. Die Gruppe nimmt Energie auf, die Spielfreude kehrt zurück….

Ihr wollt predator mindset live auf einer Bühne erleben? Hier geht es zu unseren Shows: http://impro-potsdam.de/shows/ 

Ihr wollt euren predator mindset stärken? Hier könnt ihr euch für unsere Workshops anmelden: http://impro-potsdam.de/workshops/

von Stefan Pinter

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